Das LIFE IP IRIS Projekt hat die ökologische Sanierung unserer Gewässer bei gleichzeitiger Verbesserung des Hochwasserschutzes zum Ziel. Ein wichtiger Bestandteil des Projekts ist der internationale Austausch von Ideen und Wissen sowie das Networking mit anderen Projekten, um innovative Lösungen für nachhaltiges Flussraummanagement zu finden.
Im Mai besuchte unser Team daher drei Projekte in Bayern mit ähnlichen Zielen und Herausforderungen:
Die Exkursion gab uns die Gelegenheit, uns mit Fachleuten auszutauschen und von ihren Erfolgen und Rückschlägen zu lernen. In diesem Beitrag stellen wir Ihnen die drei Projekte näher vor und gehen auf die Herausforderungen und Chancen im europäischen Flussraummanagement ein.
Unser erster Halt führt uns an die Isar nach München. Inseln, Kiesbänke, Blumenwiesen, Auwälder und Parkanlagen prägen hier das Landschaftsbild. Der Isar-Raum bietet eine attraktive Erholungsfläche mitten in der Großstadt. Hier kann man Fahrrad fahren, spazieren gehen, joggen, grillen und an einigen Stellen sogar schwimmen.
Das war nicht immer so. Mitte des 19. Jahrhunderts begann man mit dem Ausbau der Isar. Der ursprünglich wilde Fluss wurde in ein enges Korsett gezwängt. Deiche, ein breites Hochwasserbett, Ufermauern, Wehranlagen und der Werkkanal zur Wasserkraftnutzung wurden angelegt. Von der ursprünglichen Wildheit des Flusses war bald nichts mehr übrig.
In den 1980er und 1990er Jahren begann dann ein langsames Umdenken. Der Wunsch nach naturnahen Gewässern, Erholungsräumen und einer verbesserten ökologischen Qualität wurde immer lauter. Gleichzeitig war es wichtig, den Hochwasserschutz zu verbessern. Im Jahr 1995 wurde schließlich das Projekt Isar-Plan ins Leben gerufen. Die 3 Hauptziele des Projekts waren die naturnahe Umgestaltung der Isar, die Verbesserung der Hochwassersicherheit und die Verbesserung der Erholungsfunktion.
Der Isar-Plan ist ein gemeinsames Projekt der Stadt München und des Freistaats Bayern, vertreten durch das Wasserwirtschaftsamt München. Auf einer Strecke von 8 Kilometern sollte die Isar naturnah umgestaltet werden. Die Bauarbeiten begannen im Februar 2000 und wurden in elf Jahren abgeschlossen.
Im gesamten Projektgebiet hat die Isar mehr Raum bekommen und ihr alpiner Charakter ist wieder deutlich zu spüren. Durch regelmäßiges Hochwasser verändert sie ihre Ufer und formt neue Kiesbänke, die wichtige Lebensräume für Isar-typische Tier- und Pflanzenarten bieten. Sogar Biber fühlen sich an der Isar mitten in München wohl.
Hier vergisst man schnell, dass die Maßnahmen des Isar-Plans nicht nur einen attraktiven und ökologisch wertvollen Naherholungsraum geschaffen haben, sondern den Münchnern gleichzeitig auch einen zeitgemäßen Hochwasserschutz bieten.
Auf eindrucksvolle Weise zeigt der Isar-Plan, wie ökologische Ziele, Hochwasserschutz und Erholung im urbanen Raum miteinander vereint werden können und so eine lebenswerte Flusslandschaft für Mensch und Natur entsteht.
Mehr Infos zum Isar-Plan finden Sie hier: https://www.wwa-m.bayern.de/fluesse_seen/massnahmen/isarplan/index.htm
Die nächste Station unserer Exkursion ist das laufenden Planungsprojekt Licca liber (lat. „freier Lech“) bei Augsburg. Wie so viele Flüsse in Europa wurde auch der Lech durch den Menschen begradigt und stark reguliert. Im Gegensatz zu Österreich, wo der Lech – auch Dank der umgesetzten LIFE Projekte Lech I und II – einem vergleichsweise natürlichen Flusslauf folgt, hat er seinen natürlichen Charakter hier fast gänzlich verloren. Hieraus ergeben sich eine Vielzahl von Problemen für Mensch und Natur.
Die starke Eintiefungdes Flussbettes führt zu einem sinkenden Grundwasserspiegel und bedroht die Stabilität von Ufern, Deichen, Brücken und Stützbauwerken. Auch die ökologische Vielfalt ist stark beeinträchtigt. Aufgrund der Entwässerung der Auwälder und dem Fehlen von Kiesbänken sind wichtige Lebensräume verloren gegangen.
Im Rahmen des Licca Liber Projekts plant das Wasserwirtschaftsamt Donauwörth nun Maßnahmen zur Stabilisierung und Renaturierung des Lechs zwischen der Staustufe 23 und seiner Mündung in die Donau, um die Qualität der Flusslandschaft zu verbessern. Hier stehen vor allem die ökologische Qualität und die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie im Fokus. Zusätzlich soll der Lech auch wieder als Naherholungsraum genutzt werden.
In einem sogenannten “Flussdialog” wurden die verschiedenen Stakeholder zusammengebracht, um sicherzustellen, dass die Interessen aller Betroffenen berücksichtigt werden. Dies war entscheidend, um eine größtmögliche Akzeptanz für dieses Megaprojekt zu erreichen – wichtig für den Erfolg eines solchen Vorhabens.
In einem ersten Schritt wurde dann in einer Variantenuntersuchung eine Bestvariante gefunden. Diese wird nun weiter ausgearbeitet. Derzeit läuft die Abstimmung der Planunterlagen mit den Behörden und anderen Stakeholdern.
Mehr Informationen und Updates zum aktuellen Stand des Projekts finden Sie unter: https://www.wwa-don.bayern.de/fluesse_seen/massnahmen/liccaliber/index.htm
Unsere letzte Station ist das LIFE-Projekt Stadt-Wald-Bäche in Augsburg. Der Augsburger Stadtwald ist aus naturschutzfachlicher Sicht besonders wertvoll. Wälder, Flussschotterheiden und kleine Bäche prägen das Gebiet. Der Stadtwald Augsburg ist ein Mosaik aus verschiedenen Lebensräumen mit einer spektakulär hohen Biodiversität. Er beheimatet seltene Arten und Lebensräume und ist Teil des Natura 2000-Schutzgebietsnetzwerks.
Doch auch hier gibt es Handlungsbedarf. Denn der einzigartige Lebensraum wurde im 20. Jahrhundert durch wasserbauliche und forstliche Eingriffe stark beeinträchtigt. Die fehlende Vielfalt an Strukturen, die eingeschränkte ökologische Durchlässigkeit, das Fehlen der natürlichen Gewässerdynamik, der Verlust wichtiger Lebensräume und die Gefährdung schützenswerter Tier- und Pflanzenarten stellen heute große Herausforderungen dar.
Das LIFE Projekt Stadt-Wald-Bäche will diese Defizite beheben. Im Rahmen des Projekts werden Lebensräume für schützenswerte Tiere und Pflanzen ökologisch aufgewertet und erweitert. Bestimmte Arten werden speziell gefördert. Auch eine Verbindung der Stadtwald-Bäche mit dem geplanten Renaturierungsprojekt Licca Liber ist geplant. So entsteht hier ein wertvoller Raum für Mensch und Natur.
Besonders herausfordernd ist hier die Umsetzung der Maßnahmen im Spannungsfeld von Trinkwasserschutz, Erholungsnutzung, Forstwirtschaft, Wasserwirtschaft, Energiewirtschaft, Landschaftsschutz, Natura 2000, Naturschutz und Gewässerentwicklung. Um den Erfolg des Projekts zu gewährleisten, ist daher eine umfassende Beteiligung aller Akteure äußerst wichtig.
Mehr zum LIFE Projekt Stadt Wald – Bäche finden Sie unter folgendem Link: https://www.augsburg.de/umwelt-soziales/umwelt/stadt-wald-baeche
Im dicht besiedelten Europa besteht eine der größten Herausforderungen im Flussmanagement darin, die unterschiedlichen Prioritäten verschiedener Stakeholder miteinander in Einklang zu bringen. Der Bedarf des Menschen an Wasser, Energie, Infrastruktur und Verkehr schränkt den Umfang von Revitalisierungsprojekten oft ein, was zu Spannungen zwischen den Bedürfnissen von Mensch und Natur führt.
Die besuchten Projekte zeigen dennoch, dass durch innovative Lösungsansätze, Ziele des Hochwasserschutzes und der ökologischen Flussentwicklung mit den komplexen Rahmenbedingungen vereint werden können, sodass ein attraktiver und multifunktionaler Raum für Mensch und Natur entsteht.
Der Austausch mit Fachleuten ähnlicher Projekte hilft uns bei der erfolgreichen Umsetzung der LIFE IP IRIS Maßnahmen. Indem wir voneinander lernen und bei ähnlichen Projekten zusammenarbeiten, können wir die nachhaltige Flussraumplanung in Österreich weiter voranbringen und Lösungen finden, die sowohl den Menschen als auch der Natur zugutekommen.
LIFE IP IRIS
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